Was sind die philosophischen Hintergründe von Prozessarbeit? Aus welcher psychotherapeutischen Tradition hat sie sich entwickelt?

DIE ANALYTISCHE PSYCHOLOGIE C.G.JUNG'S

 

Carl Gustav Jung entwickelte Anfang des letzten Jahrhunderts die Analytische Psychologie, ausgehend von den Lehren Freuds. Sein Hauptforschungsgebiet waren die Träume und die Symbole des Menschen. Er prägte den Begriff der Archetypen und erforschte unter anderem wie diese sich im Bildhaften, Imaginalen, Symbolischen im Traum zeigen.

 

Arnold Mindell, Physiker und Lehranalytiker des C.G.Jung Instituts in Zürich machte einen wichtigen Schritt, als er herausfand, dass sich die Träume ganz konkret in Körpersymptomen wiederspiegelten. Hieraus entwickelte er den Begriff des "Traumkörpers".

 

Nach und nach zeigte sich, wie sich die Träume auf allen anderen Sinneskanälen (siehe unten) wiederspiegeln können.

In langjähriger Arbeit (seit den 70ern bis heute) haben er und andere Forscher von Jung's Modell ausgehend und Denkweisen von Daoismus und Schamanismus, sowie modernen Kommunikations- und Feldtheorie einbeziehend, die Prozessarbeit entwickelt.

 

 

  ALCHEMIE

 

Jung hat beschrieben, dass es verschiedene Phasen der Psyche gibt, die immer wieder auftauchen und Stadien auf dem Weg der Individuation darstellen. Diese Phasen werden sinnbildlich gleichgesetzt den alchemistischen Prozessen. Der Alchemist versucht durch Erhitzung aus angeblich wertlosen Rohmaterialien Gold herzustellen, analog dazu sucht der PoP-Praktiker durch Verstärkung und Entfaltung unserer störenden Symptome zu der darin verborgenen Essenz, dem in der Störung innewohnenden Gold vorzudringen.

 

PHÄNOMENOLOGIE

 

Die Psyche erleben wir als Imaginale Welt, der man sich am besten phänomenologisch, d.h. subjektiv beschreibend nähert. In dieser Tradition verwendet auch PoP den  phänomenologischen Zugang zur Psyche.

DAOISMUS UND FELDTHEORIE

 

Das Dao ist das Unaussprechliche Ganze, das Mysterium oder das Göttliche. Mindell in seiner physikalisch wissenschaftlichen Orientierung bezeichnet das Dao als Träumendes Hintergrundfeld. Es ist der Urgrund aus dem alles entsteht: unsere Träume, Gefühle, Gedanken, inneren Welten, sowie unsere Alltagswelt.

Mindell unterscheidet in seinem "Drei Welten Modell" zwischen dem Träumenden Hintergrundfeld, dem Traum-Bewusstsein und der Alltagsrealität.

 

WU WEI ODER DEM FLUSS FOLGEN

 

Wie ein Daoist versucht der PoP-Praktiker dem Fluss der Natur zu folgen. Klopft der Frühling an die Tür, wäre es sehr energieaufwändig am Winter festzuhalten. So ist es auch mit seelischen Prozessen: anstatt uns gegen sie zu stellen, verhelfen wir dem, was sowieso zu uns drängt, auf sinnvolle Art unser Leben zu erfüllen. So hört man auf, Wandlungen zu blockieren.

Die Daoisten kennen einen Zustand in dem man "im Fluss" ist: "Wu Wei", was so etwas bedeutet wie „Handeln im Nichthandeln“ und es meint ein sich tiefes Einlassen dem Leben gegenüber.

 

SCHAMANISMUS

 

Vom Schamanismus inspiriert, erforscht PoP veränderte Bewusstseinszustände und erlaubt uns zum Medium zu werden für bestimmte Kräfte und Archetypen. So redet man nicht nur über die Dinge, sondern betont die konkrete Wahrnehmung und steigt ein: körperlich, stimmlich, visualisierend. So kann eine PoP-Arbeit auch sehr kreativ sein, indem sie sich zu Tanz, zu einem Bild oder Gedicht entwickelt.

 

SYSTEM- UND KOMMUNIKATIONSTHEORIE

 

PoP hat eine sehr naturwissenschaftliche Seite und entspricht der Kultur des westlichen Menschen. PoP nutzt die System- und Kommunikationstheorie. Zum Beispiel nimmt der Therapeut wahr, wie sich die Prozesse in verschiedenen Kommunikationskanälen über Signale entfalten: In welcher Modalität zeigt sich der Prozess?

  • Bewegung  (spontane/autonome Bewegungsimpulse, Tanz)
  • Visuell  ( visuelle Eindrücke, Bilder, Phantasien)
  • Auditiv  ( Worte, Klänge, Gesang, inneres Hören)
  • Propriozeptiv (Spüren, Körperempfindung)
  • Beziehung ( Beziehung zu anderen, zur Welt)